Ernst Horn »Johnny Bumm’s Wake«
Interview im Astan Musikmagazin 1998

Wurstsemmeln statt Nussecken

Musikalisch ist es sicher weniger eingängig als Deine Lakaien, aber für mich ist es dennoch weit höher einzuordnen. Diverse Samples aus den Archiven der Geschichte dominieren das Werk ebenso, wie Samples aus Ernst Horn privatem Umfeld. Ironie und machmal boshafter Sarkasmus, dies zeichnet eine der wirklich seltene innovative CD aus.

Astan:Wie kam es zum zweiten Solowerk?
Horn:Der Wunsch es noch einmal zu probieren ist uralt, aber daß es mit den Lakaien so losgehen würde, konnte ja keiner ahnen. Auch Qntal war ein Erfolg, der so nicht erwartet worden war. Dann bin ich vor einem Jahr „Papi“ geworden, und wer das kennt, das weiß, daß es dann ein bißchen schwerer ist mit genauen Vorstellungen zu arbeiten. Jetzt war die Zeit, Johnny Bumms Wake fertig zu machen.
Astan:Du arbeitest sehr stark mit schwarzer Ironie und manchmal bist du sogar etwas boshaft ironisch…
Horn:Wichtig war es, das Ganze mit einer gewissen Boshaftigkeit zu machen. Bei mir war immer schon der Wunsch da, mal etwas ganz anderes zu machen; mal eine Komödie zu machen. Und so konnte ich, auch durch das Fernsehen, durch all die Absonderlichkeiten, die ich so auf dem Videorecorder habe, diese Platte so machen.
Astan:Es ist natürlich eine ganz andere Arbeit mit Samples zu arbeiten, als mit Notationen. Da werden ja auch ganz andere kreative Möglichkeiten offen.
Horn:Es ist wirklich eine kreative Arbeit, da kommt etwas völlig anderes heraus. Nimm einen Satz, den irgendwer gesagt hat, der bekommt eine ganz andere Farbe, wenn du den mit etwas ganz anderem kombinierst. Es ist eine unglaublich kreative Art mit Sprache zu arbeiten.
Astan:Du bist auf eine gewisse Art ja auch politisch, mit einer Platte wie „Johnny Bumms Wake“, wenngleich du natürlich keine sooo klaren politischen Aussagen machst. Würdest du überhaupt Statements politischer Art machen wollen, oder denkst du das diese Form der Äußerung, sowohl dir als auch der angestrebten Sache nicht in jedem Fall dienlich ist? Politik und Musik, deine Meinung?
Horn:Leuten wie BAP oder Sting hat man ja vorgeworfen ihr Engagement für z.B. den Regenwald sei Eigenwerbung. Ich seh’ schon das man sich engagieren sollte. Nun bin ich aber auch nicht so bekannt, daß das Sinn machen würde. Wenn sich da eine Gelegenheit böte, bei irgendeiner guten Veranstaltung aufzutreten, dann würde ich das tun.
Ich bin da früher auch aktiver gewesen, Studentenzeit und so. Aber ich bin da auch arg privat geworden, sitze vor dem Fernseher und schimpfe auf Politiker.
Astan:Ja, manchmal macht sich ja auch so etwas wie Resignation breit, aber wie gesagt, Politik muß ja nicht immer in Parteien / auf Demo’s geschehen. Bestimmte Samples könnten ja auch schon Politik sein. Die Wirkung zählt.
Horn:Ja sicher. Das ist auch ein Ansatz bei mir. Meine Kritik ist ja auch eher Gesellschaftspolitisch - nicht so konkret.
Astan:Die Lakaien, hast du kontakt zu deren Fans? Du bist ja altersmäßig und auch gedanklich etwas entfernt vom normalen Lakaien Fan.
Horn:Alexander ist schon mehr die entscheidende Figur bei den Lakaien. Ich habe da auch zuwenig Kontakte. Ich lebe da ein bißchen in einer anderen Welt.
Es ist alles mehr auf den Sänger konzentriert.
Astan:Du kriegst keine Groupies ab?
Horn:(lacht) Ich bin verheiratet, hör mal.
Astan:Das ist Jagger auch und trotzdem…
Horn:Bei mir stehen eher die Jungs und gucken, was hat der für eine Synthesizer, was spielt der da. Die Technik Freaks eben.
Astan:Bei Alexander sind die Mädchen, die sonst nur auf einem Silke Bischoff Cover zu finden sind, und bei dir stehen die Keyboard Freaks.
Wie kommst du zu den Samples von diesem kleinen Geschöpf das immer von Blumen oder Dichtern spricht?
Horn:Das ist meine Nichte, die heißt Lena Obermaier und die war damals 4 Jahre alt.
Ist länger her, da habe ich sie diese Sachen auf Band sprechen lassen. Heute, mit 15 Jahren, amüsiert sie sich darüber. Sie hat auch schon ihre eigenen Erfolge, da ist das hier nicht so eine große Sache.
Astan:Eigene Erfolge als Sängerin?
Horn:Nein, aber sie ist z.B. achte in der dt. Meisterschaft im Eiskunstlauf gewesen.
Astan:Und diese Stimme, die der Kleinen antwortet, etwas kastratenhaft…?
Horn:Das bin ich! Ich war früher mal Kapellmeister an der Oper. Da mußte ich manchmal die Gesangsparts hineinmarkieren. Da war ich immer ein berüchtigter Falschsänger.
Astan:Neben Wurstsemmeln ist das auch mein Favorit auf der CD. Glaubst du die CD hättest du als unbekannter Musiker aufnehmen und veröffentlichen können?
Horn:Glaube ich nicht. Vielleicht bei einem ganz kleinen Label, unter Zuzahlung eines bestimmten Betrags. Es gibt auch ein Überangebot heute, schwer für junge Musiker, wir hatten es mit den Lakaien einfacher.
Astan:Glaubst du Aussehen und Image von z.B. Alexander waren euch hilfreich?
Horn:Beide Sachen müssen zusammenkommen. Musik und Äußeres.
Astan:Malst, schreibst oder machst du sonst noch was künstlerisches?
Horn:Ich habe da kaum Zeit und finde es auch besser, wenn man sich manchmal beschränkt.
Astan:Nenne mir mal dein Lieblingsessen.
Horn:Irgendwas mit Bratkartoffeln.
Astan:Lieblingsbuch?
Horn:Die Dämonen.
Astan:Film?
Horn:Das Leben der Boheme. Da könnte ich den Regisseur für abküssen.
Astan:Musiker?
Horn:Wen ich also wirklich verehre, das ist der Dirigent Carlos Kleiber.
Astan:Welche verwandtschaftliche Beziehung unterhältst du zu Guildo Horn?
Horn:Keine, meine Mutter wird gelegentlich darauf angesprochen. Aber es besteht eine gewisse Wertschätzung.
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