Das SATOR-Quadrat ist mehr als bloße Wortspielerei.
Das SATOR-Quadrat ist mehr als eine der gebräuchlichsten Zauberformeln des Mittelalters und der Neuzeit.
Das SATOR-Quadrat ist die Weltformel der antiken Philosophie. In ihm spiegelt sich die archaische Vorstellung des zyklischen Weltenlaufs wider.
So wie im SATOR-Quadrat, das sich von allen vier Ecken her in waagrechter und zugleich in senkrechter Richtung lesen läßt, immer wieder Anfang und Ende zusammenfallen, ist auch im Weltenrund jedes Ende ein Neubeginn, jedes Vergehen ein neues Werden.
Eine Vorstellung, die versöhnlich stimmt, die nach einem jähen Aufstieg und einem tiefen Fall auf einen erneuten Aufschwung hoffen läßt. Eine Vorstellung, die der tragischen Geschichte des Titus Andronicus eine positive Wendung verleiht. Und so stützt TENET nicht nur das Satorquadrat, es bildet auch die Spiegelachse im neunten Stück von Helga Pogatschars Hörkino „Titus Trash Tatar“: alle Töne und Laute die innerhalb dieses Tracks bis zum TENET erklungen sind, werden an ihm gespiegelt, d.h. sie werden in umgekehrter Reihenfolge wiederholt.
Zusammen mit einer Phantasiesprache, die keinerlei semantische Bedeutung hat, kreiert Helga Pogatschar so eine archaische Beschwörungsformel, die die Urangst eines jeden Künstlers in sich birgt: die Furcht, aufgrund zu großer Zugeständnisse an Authenzität zu verlieren. Helga Pogatschar spinnt ein dichtes Klangnetz, versetzt den Hörer in Trance, lockt ihn in ein Hörlabyrinth voll urtümlicher Hexengesänge, in dem er ihren berauschenden Klängen genauso hoffnungslos ausgeliefert ist, wie Titus Andronicus dem Mahlwerk der Macht.