Vorab-Single zum Album „Alles Liebe”
Der elektronische Sound ist bei Stendal Blast zugunsten von Gitarre und Bass zurückgetreten, und Kaaja Hoydas Gesang scheint tiefer aus dem Kehle, wenn nicht gar aus abgründigeren Regionen, geknurrt. Soweit zur Einstimmung.
Da wären: „Öl“, vordergründig eine Dancefloor-Nummer, die von satten Gitarrenriffs, fetten Bässen und martialischem Gebrüll vorangeknüppelt wird. Ironie? Ernst??!!
Plakative Stellungnahmen, geschweige denn Parolen, sind Kaaja Hoyda und seinen Musikern Hajo Mönnighoff und Bernhard Lottes zu plump. Eher schon sind Stendal Blast ein Spiegel, einer mit scharfkantigen Rissen und Sprüngen, nach dem man besser nicht mit ungelenken Fingern greifen sollte. In diesem Spiegel erkennt man, vielleicht gerade durch das Zerbrochene so klar wie kaum sonst, die teutonische Kraftmeierei dieses erbärmlichen Sommers, die Impotenz, die hinter dem ganzen Proletenkult steckt.
Stendal Blast sind sicher eine der bösesten, schwärzesten deutschsprachigen „Neue deutsche Härte“-Bands.
Das Abgründige an ihnen liegt allerdings gerade nicht in „Kopf ab!“ oder „Kamera drauf!“-Gebrüll. Man würde Kaaja Hoyda Unrecht tun, ihn zynisch oder abgebrüht zu nennen. Wenn er in übelriechenden Seelenwinkeln stöbert und Gedanken ausspricht, die wir nicht einmal vor uns selbst zugeben, dann nicht, um zu „provozieren“ oder „schockieren“.
Der Spiegel ist nicht nur scharfkantig, sondern auch zerbrechlich. In überraschenden Momenten treffen Hoydas Texte plötzlich mitten ins Mark. In „Du bist nicht so schön“ mokiert sich jemand über seine Freundin. Warum verläßt er sie nicht, wenn er sie so abgrundtief unattraktiv findet? Hat er sich so weit aufgegeben, daß ihm alles egal ist, oder verachtet er sich selbst noch viel mehr als sie? Vielleicht ist „Du bist nicht so schön“ aber auch ein echtes Liebeslied.
Schwarzweißmalerei gibt es in den Texten von Stendal Blast nicht, auch kein „Gut“ und „Falsch“, erst recht keine eindeutigen Antworten. Auch über die Band selbst kann man keine eindeutigen Statements bringen.
Ihr könnt Stendal Blast „geil“ finden, ihr könnt uns auch wie beim letzten Album am Telefon für diese Band beschimpfen. Vielleicht fühlt irgend jemand da draußen sich sogar irgendwie verstanden oder getröstet, aber das beruht dann wahrscheinlich auch auf einem Irrtum.
Uns egal. Stendal Blast auch.