Studio-Album
Veröffentlicht: 1998
Diese Album ist stilprägend für einen neuen Stil, die „neue deutsche Härte“.
Anstatt nach den Reaktionen auf ihr erstes Album WAS VERDORRT (1995), einem mittelprächtigen Skandal, einen Gang zurückzuschrauben, sind Stendal Blast nur noch deutlicher und radikaler geworden. In Form des neuen Albums ALLES LIEBE erreicht uns nun ein zweiter Gruß aus Stendal…
MIT ETHNOLOGISCHER AKRIBIE untersuchen STENDAL BLAST die seltsame Spezie zivilisierter Homo Sapiens. So entlarvt das Paarungsritual (ÖL, besonders im Remix der vorausgegangenen Maxi-CD, den wir als non-hidden-Track mit aufs Album genommen haben) die teutonische Kraftmeierei dieses erbärmlichen Sommers, die Impotenz, die hinter dem ganzen Proletenkult steckt - abgrundtiefe Lächerlichkeit und tragische Größe gehen Hand in Hand…
Man könnte sagen, die Texte von Sänger Kaaja Hoyda handeln oft von Zerstörung und Mißbrauch von sich selbst und anderen, und in ihnen ist eine Menge Sex and Crime. Aber was die Texte dabei besonders macht, ist, daß sie diese Schrecken an Eiscreme (NIE ALLEIN WEIL UNTER SICH), dem Tod einer albernen Biene (WILLI AM ENDE) oder Sonnenöl (ÖL) festmachen.
SLAM POETRY
Klar ist, daß es sich bei ALLES LIEBE nicht um eine „Musik-CD“ im herkömmlichen Sinne handelt, sondern eher um ein musikalisches Stück Slam Poetry. Slam Poetry wird als spontane Opposition zur „hohen Literatur“ in Bars und Kneipen auf dem Tresen stehend vorgetragen, während das Publikum den Dichter beschimpft und mit Bier beschüttet - eine Situation, die an ein STENDAL BLAST-Konzert erinnert.
ALLES LIEBE…
ist keine CD, die man in ihrer Komplexität schon nach dem ersten Hören begreifen kann. Denn was auf den ersten Blick lustig wirkt, ist beim zweiten Hören grausam. Gerade das ist es, was STENDAL BLAST gleichzeitig naiv, poetisch und obszön macht. Neben Hörspiel-Fetzen und Collagen, die sich nur per Kopfhörer gehört entschlüsseln lassen, enthält das Album auch echte Ohrwürmer (DER SPANISCHE MOND oder DU BIST NICHT SO SCHÖN) und böse Balladen (BLUT IM SCHUH).
Anspieltips: Du bist nicht so schön - Der spanische Mond - Öl - Blut im Schuh
INTRO Musikmagazin
Die Parodisten des deutschen Electro-Underground sind wieder zurück. Die kontroversen Reaktionen auf ihr Debütalbum "Was Verdorrt" im Hinterkopf, dürfte "Alles Liebe" zwar weitaus weniger Irritationen auslösen, aber provozierend witzig ist das Trio um Kaaja Hoyda nach wie vor: Ob nun bei "Öl" nun Rammstein-Ähnliches intoniert wird, "Blut im Schuh" an Stefan Eicher gemahnt oder es immer wieder nach Durch-den-Kakao-Ziehen von Das Ich, Lacrimosa und Co klingt, Stendal Blast begehen nie den Fehler, Lächerlichkeit um ihrer selbst willen zu zelebrieren. In allem, was sie tun, steckt Wahrheit und eigene Identität. Das sie es ihrem Publikum diesmal zumindest musikalisch etwas leichter machen und sogar einige Tanznummern ihr eigen nennen, sollte eigentlich helfen, auch einem größeren Teil der Szene ein wenig gedankenvollen Humor einzuimpfen. Wünschenswert währe es allemal.
WOM Journal
Ist's Spaß, ist's Ernst? Parodie oder Original? So genau kann man das bei Stendal Blast nie sagen. Muss es da überhaupt einen Unterschied geben? Ihre Platte "Alles Liebe" enthält mit "Öl" und "Hahn ist tot" zwei endgültig sinnenthobene Abgesänge auf eine ostdeutsche Gruppe, die sich nicht nach dem Ort eines Flugzeugunglücks benannt hat. Und dann gibt es mit "Blut im Schuh" und "Blindheit" wiederum Lieder, in denen es um viel Leid geht und Galle hochkocht. "Ich liebe Eis nicht, weil die dazugehörige Werbung immer den Oralverkehr simuliert", heißt es dann in einer Collage aus drei parallel verlesen Texten. Und "Willi am Ende" schließlich kann verstanden werden als Geschichte der Menschheit oder als Abgesang auf die Biene Maja. Ich kann mich auch irren.
Orkus Musikmagazin
"Blut im Schuh" ist eine bitterböse Ballade. "Öl" ist dagegen etwas, das man vor Rammstein einen Gossenhauer nannte... " Du bist nicht so schön" ist ... so etwas wie ein Lovesong ... Weniger Elektronik und etwas mehr traditionelle vier- und sechssaitige Instrumente bereichern auf dem zweiten Album von Stendal Blast die seltsame Welt des K.H. Die seltsame Welt ist auch deine Welt, und gerade deshalb ist diese Platte pervers. Ich zähle mich zu denen, die Stendal Blast damals (1995) gemocht haben. Wer sie damals gehaßt hat, wird sie auch heute hassen - aus völlig anderen Gründen, Grund genug für einen Kauf dieser CD, denn Motivation können wir alle gebrauchen, oder?